Gegen Anfang September brechen die Schreiadler zu ihrem 10.000 Kilometer langen Zug ins südliche Afrika auf. Kein anderer Greifvogel legt eine solche Distanz zurück, die meisten Arten ziehen „nur“ bis Südeuropa oder nach Nordafrika. Der Schreiadler ist damit als Langstreckenzieher auch zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Vor allem Jungvögel haben auf ihrem ersten Zug eine sehr geringe Lebenserwartung, da sie häufig nicht die „richtige“ Zugroute in ihr Winterquartier finden. Viele Jungadler ertrinken beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren oder verenden vor Erschöpfung beim Durchqueren der Sahara. Eine häufige Todesursache ist auch das Anfliegen gegen Überland-Leitungen. Leider können Verluste, die über ein natürliches Maß hinausgehen, von einer Art wie dem Schreiadler nur sehr schwer wieder ausgeglichen werden.

Die Jungvögel sind aufgrund ihrer Unerfahrenheit beim Zug vermutlich auf erfahrene Tiere angewiesen. Beobachtungen aus Israel zeigen, dass sich Schreiadler auch mit anderen Zugvögeln wie Schlangen- oder Schelladlern vergesellschaften. Für die jungen Schreiadler aus Deutschland ist der ungerichtete Zug ein größeres Problem als für jene, die in Polen oder weiter östlich aufgewachsen sind. Denn wenn ein „deutscher“ Schreiadler nach Süden oder Süd-Westen zieht, ist er bereits schnell außerhalb der Schreiadler-Vorkommen und hat nur sehr geringe Chancen, auf einen weiteren Schreiadler zu treffen, der die beste, nämlich die süd-östliche Zugroute wählt.

Die Gefahren für Schreiadler auf ihrem Zug in das Überwinterungsgebiet wurden in dem Projekt „Jungvogelmanagement“ der Deutschen Wildtier Stiftung vertieft: Zwischen 2007 bis 2009 wurden insgesamt 49 Jung- und 6 Altadler mit GPS-Sendern ausgestattet und dadurch ihr Herbst- und Frühjahrszug verfolgt. In dem Abschlussbericht des Projektes finden sich ausführliche Informationen zu den Mortalitätsursachen der Schreiadler.